Zwangsarbeit

Michelin ist gegen jegliche Form der Zwangsarbeit an unseren Standorten sowie innerhalb unserer Lieferkette.

Gemäß ILO waren im Jahr 2016 fast 25 Millionen Menschen von Zwangsarbeit betroffen. Weltweit ist Zwangsarbeit vor allem in folgenden Branchen anzutreffen: Bergbau, Abbau in Steinbrüchen und Gruben, Tourismus, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie, Bau und elektronische Fertigung. In Frankreich ist Zwangsarbeit beispielsweise im Bau- oder Reinigungsgewerbe anzutreffen, sowie in allen Branchen, die niedrig qualifizierte Arbeitskräfte benötigen und innerhalb der Lieferkette auf Subunternehmen zurückgreifen. Auch entsendete Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer ohne gültige Ausweisdokumente können in einem Abhängigkeitsverhältnis mit ihrem Arbeitgeber stehen und sind so möglicherweise Zwangsarbeiter.

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Begriffsklärung

Michelin lehnt Zwangsarbeit gemäß den allgemein anerkannten Definitionen des Völkerrechts ab, laut denen Zwangsarbeit dann vorliegt, wenn die Arbeiter gegen ihren Willen zu einer Arbeit oder einer Dienstleistung gezwungen werden, keine Entlohnung erhalten oder ihr Lohn für die Begleichung einer Schuld einbehalten wird und/oder sie unter Zwang stehen, ihnen unrechtmäßig Gewalt, Betrug oder die Einbehaltung ihrer Ausweisdokumente angedroht wird.

 

Als Zwangsarbeit können folgende Arbeitsverhältnisse gezählt werden:

  • Ein Arbeitsvertrag soll vom Arbeitnehmer unterzeichnet werden, obwohl er diesen nicht versteht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitsvertrag nicht in der Muttersprache des Arbeitnehmers verfasst wurde.
  • Ein Arbeitnehmer wird psychisch oder physisch unter Druck gesetzt, damit er eine bestimmte Arbeit ausführt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn einem Arbeitnehmer mit der Kündigung gedroht wird, wenn er eine gefährliche Aufgabe nicht ausführt, obwohl diese nicht zu seinen Aufgaben gehört oder er hierfür nicht ausreichend geschult wurde.
  • Ein Arbeitnehmer wird in seiner Eigenständigkeit eingeschränkt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitgeber die Ausweispapiere in Beschlag nimmt, den Arbeitnehmer zwingt, im Unternehmen zu übernachten, der Arbeitnehmer bei der Einrichtung eines Bankkontos vom Arbeitgeber abhängig ist oder nicht frei über seine Freizeit verfügen kann.
  • Ein Arbeitnehmer wird dazu verleitet, sich vor der Arbeitsaufnahme zu verschulden, so dass er in einem Verhältnis der Schuldknechtschaft zu seinem Arbeitgeber steht. In bestimmten Regionen stellen (Personal-)Vermittler den Bewerbern während des Auswahl-, Rekrutierungs- oder Einstellungsprozesses hohe Summen (für Transport, Unterkunft, Versicherungen usw.) in Rechnung. Die Arbeitnehmer brauchen daraufhin Jahre, um diese Schuld zurückzuzahlen.

 

Leitsätze

*Die Michelin Gruppe verpflichtet sich*:

  • im Falle der Nutzung von Arbeitsverträgen diese für alle Mitarbeiter lesbar und verständlich zu verfassen,
  • niemanden unter Zwang zu beschäftigen und die Eigenständigkeit ihrer Mitarbeiter zu achten,
  • darauf zu achten, dass ihre Mitarbeiter frei über ihre Ausweispapiere verfügen und auf Wunsch ihren Arbeitsvertrag gemäß der darin vereinbarten oder im örtlichen Recht vorgesehenen Kündigungsfrist auflösen können,
  • die Zahlung einer Anwerbungsprovision oder -gebühr durch die Arbeitssuchenden zu verbieten,
  • mit Personal- und Zeitarbeitsdienstleistern zusammenzuarbeiten, die die Allgemeinen Grundsätze für eine faire Personalbeschaffung der ILO einhalten, die Arbeitnehmer nicht verschulden und somit jede Form der Schuldknechtschaft vermeiden.

* Bezüge zu Arbeitsverträgen sind nur dann anwendbar, wenn solche verwendet werden.

Michelin verpflichtet sich auch, innerhalb der Lieferkette gegen Zwangsarbeit zu kämpfen. Die Gruppe identifiziert die Branchen bzw. Lieferanten und Subunternehmen mit dem größten Risiko und setzt Maßnahmen zum Risikoassessment und -management in ihrer Lieferkette um.

Dabei gilt ein besonderes Augenmerk den Gastarbeitern. Gastarbeiter gehören zu den Arbeitnehmern, die hinsichtlich der Einhaltung ihrer Menschenrechte in der prekärsten Lage sind. Da sie häufig nicht die Sprache des Beschäftigungslandes sprechen und auf sich alleine gestellt sind, ist ihre Abhängigkeit von Personalvermittlern und ihrem Arbeitgeber besonders stark ausgeprägt.

Vorschriften für Personen, die an Michelin Standorten arbeiten

Verantwortliche der Personal- und Rechtsabteilung sowie Standortleiter

Do's:

  • Achten Sie darauf, dass Arbeitsverträge, sofern diese verwendet werden, klare Bestimmungen zum Arbeitsort, den Bedingungen zur Vertragsauflösung und zur Kündigungsfrist etc. enthalten und dass die Vertragssprache vom unterzeichnenden Mitarbeiter verstanden wird.
  • Vergewissern Sie sich, dass für den Bewerber beim Personalbeschaffungsprozess von Michelin keine Anwerbungsgebühren, beispielsweise für die Einreichung seiner Bewerbung, anfallen.
  • Überreichen Sie dem Mitarbeiter eine Kopie der Ausweispapiere, des Arbeitsvertrags oder der Aufenthaltsgenehmigung, sofern das geltende Gesetz vorsieht, dass der Arbeitgeber diese Dokumente aufbewahrt. Vergewissern Sie sich, dass der Mitarbeiter jederzeit die Möglichkeit hat, die Dokumente zurückzuerhalten.
  • Achten Sie auf bestimmte Anzeichen für eine Zwangsbeschäftigung des Mitarbeiters. Hierzu zählen beispielsweise Überstunden in übermäßiger Zahl, die Isolierung des Mitarbeiters oder finanzieller Druck.
  • Ermöglichen Sie den Mitarbeitern einen kostenlosen Zugriff auf Informationen zu ihren Rechten und Arbeitsbedingungen.

Don'ts:

  • Behalten Sie die Ausweispapiere der Mitarbeiter nicht als Sicherheit ein.
  • Akzeptieren Sie nicht, dass Mitarbeiter regelmäßig Überstunden leisten, ohne zu prüfen, dass dies nicht unter Druckausübung von außen geschieht oder um Schulden oder Anwerbungsgebühren zurückzuzahlen.
  • Üben Sie keinerlei Druck auf einen Mitarbeiter aus, damit dieser weiterhin gegen seinen Willen für die Michelin Gruppe arbeitet.

Vorschriften für Verantwortliche im Einkauf auf Gruppen- und Regionalebene

Do's:

  • Fügen Sie das Dokument „Grundsätze im Einkauf bei Michelin“ jedem Vertrag an.
  • Überprüfen Sie, dass die Praktiken der Personaldienstleister und Zeitarbeitsagenturen, mit denen die Gruppe zusammenarbeitet, die geltenden Regelungen einhalten und fair agieren, indem sie keine Anwerbungs- oder Einstellungsgebühr verlangen, kein Bankkonto für den Mitarbeiter eröffnen, das über die Agentur läuft usw. Dies gilt insbesondere in Ländern mit einem hohen Risiko für solche Praktiken sowie für den Sonderfall der Gastarbeiter.
  • Finden Sie heraus, welche Länder und Einkaufskategorien ein besonders hohes Risiko für Zwangsarbeit darstellen, um die Übersicht über CSR-Risiken bei Lieferanten zu vervollständigen und deren Unterlagen gezielt überprüfen zu lassen.
  • Schlagen Sie einen angemessenen Aktionsplan für Lieferanten oder Einkaufsbereiche vor, die ein besonders hohes Risiko bergen.
  • Stellen Sie sicher, dass auch Lieferanten und deren Mitarbeiter Zugang zur Ethik-Hotline haben. Geben Sie auf der Website des Einkaufs an, welche Möglichkeiten zur Meldung eines Problems bestehen.
  • Finden Sie heraus, welche Bereiche bei den Naturkautschuklieferanten ein potenziell hohes Risiko für Zwangsarbeit bergen. Richten Sie einen Aktionsplan ein, um dem entgegenzuwirken.
  • Beobachten Sie die Lage der Mitarbeiter von Subunternehmen der Gruppe, wenn diese an einem Michelin Standort arbeiten.

Beispiel

Sie sind Leiter der Personalabteilung Ihres Landes. Mehrere Mitarbeiter, die ursprünglich aus einem Nachbarland kommen, wenden sich an Sie, um Sie zu informieren, dass die Personalvermittlungsagentur ihre Ausweisdokumente als „finanzielle Sicherheit“ für ihren Arbeitsvertrag einbehalten hat. Was ist zu tun?

Es handelt sich hierbei um eine Praktik der Zwangsarbeit. Sie nehmen Kontakt mit der Agentur auf. Sie bemühen sich, Lösungen zu finden, um die „Schulden“ der Mitarbeiter zu begleichen. Sie prüfen, ob die Agentur in der Lage ist, derlei Praktiken zu unterlassen. Andernfalls greifen Sie auf einen anderen Dienstleister zurück, der die Menschenrechte stärker achtet. Sie vergewissern sich, dass die Mitarbeiter ihre Ausweispapiere wiederbekommen haben. In Zukunft wählen Sie Ihre Geschäftspartner sorgfältiger aus.

An wen können Sie sich wenden?

  • an die Personalabteilung
  • an die Ethik-Hotline
  • an das zentrale Team Nachhaltige Entwicklung und Mobilität (DMD) oder dessen Entsprechung auf Landes- oder Regionalebene
  • an die Operative Direktion Einkauf